Der eigentliche Zweck des Schreibens ist, dass man sich selber zugesteht, die Welt zu deuten. Und dieser Deutung eine Form gibt, die vor dem eigenen Urteil Bestand hat.
Judith Giovannelli-Blocher
Der eigentliche Zweck des Schreibens ist, dass man sich selber zugesteht, die Welt zu deuten. Und dieser Deutung eine Form gibt, die vor dem eigenen Urteil Bestand hat. 
Zitat 8
Judith Giovannelli-Blocher
Das Leben und seine Bahnen sind nicht in Stein gemeisselt, sondern werden durch Geschichten geformt.
David Denborough
Das Leben und seine Bahnen sind nicht in Stein gemeisselt, sondern werden durch Geschichten geformt. 
Zitat 7
David Denborough
Wenn wir die eigene Stimme verlieren stirbt etwas in uns.
Elif Shafak
Wenn wir die eigene Stimme verlieren stirbt etwas in uns. 
Zitat 6
Elif Shafak
Wer seine eigene Geschichte nicht erzählen darf, den beraubt man seiner Menschklichkeit.
Elif Shafak
Wer seine eigene Geschichte nicht erzählen darf, den beraubt man seiner Menschklichkeit. 
Zitat 5
Elif Shafak
Unsere Geschichten machen unsere Identität aus.
Verena Kast
Unsere Geschichten machen unsere Identität aus. 
Zitat 4
Verena Kast
Es gibt keine grössere Qual, als eine nicht erzählte Geschichte in sich zu tragen.
Maya Angelou – Lyrikerin
Es gibt keine grössere Qual, als eine nicht erzählte Geschichte in sich zu tragen. 
Zitat 3
Maya Angelou – Lyrikerin
Nicht, was wir gelebt haben, ist das Leben, sondern das, was wir erinnern und wie wir es erinnern, um davon zu erzählen.
Gabriel García Márquez
Nicht, was wir gelebt haben, ist das Leben, sondern das, was wir erinnern und wie wir es erinnern, um davon zu erzählen. 
Zitat 2
Gabriel García Márquez
Das Grösste, was wir einer Person schenken können, ist ihr einfach zuzuhören, ohne sie zu unterbrechen.
Tagesanzeiger Magazin, 29.5.21,Krogerus/Tschäppeler
Das Grösste, was wir einer Person schenken können, ist ihr einfach zuzuhören, ohne sie zu unterbrechen.
Zitat 1
Tagesanzeiger Magazin, 29.5.21,Krogerus/Tschäppeler

Wie lebensgeschichtliches Erzählen wirkt

«Die Wirksamkeit biographischen Erzählens liegt weniger
in der Bewusstmachung von verdrängten Anteilen
als vielmehr in neuen Sinnsetzungen,
mit denen der Autobiograph sein Leben sehen kann.»
(Gabriele Rosenthal, 1995)

 

 

Vom eigenen Leben erzählen, von beglückenden Erlebnissen, Wendepunkten, auch von vermeintlich Banalem oder handkehrum von belastenden Erlebnissen und dem Bewältigen einer schwierigen Phase in der Vergangenheit – solche Erzählmomente und -Gelegenheiten können ganz einfach wohltuend sein. Und oft weiss man gar nicht warum.

 

Die Forschung belegt: Hört das Gegenüber gut zu – aufmerksam, empathisch, sich selber zurücknehmend auch –, kann das Erzählen weit mehr bewirken. Die erzählende Person kommt zu sich und erweitert sich zugleich. Längst Vergessenes ist plötzlich wieder da. Erinnerungen erhalten Farbe, Konturen, Tiefe. Verworrenes klärt sich. Auf Fragen zur eigenen Person und Geschichte gibt es vielleicht plötzlich Antworten. Vor allem auch: Das eigene Leben kann neue Deutungen erfahren, zuvor unerkannte Ressourcen zeigen sich. 

Die Möglichkeit zu haben, das eigene Leben zu erzählen, ist mehr als «nur» eine erfüllende Erfahrung. Lebensgeschichtliches Erzählen heisst auch: Das Narrativ des eigenen Lebens selber gestalten. Ich nehme und gebe mir die Deutungshoheit über mein Leben, meine Geschichte.

 

Mehr dazu, wie lebensgeschichtliches Erzählen wirkt. Lesen Sie hier …

 

Wissenswertes

 

Geschichtenzentrale

Winterthurer Zentrale für Alltagsgeschichten

Tellstrasse 13 | 8400 Winterthur

+41 (0) 76 365 40 68 | www.geschichtenzentrale.ch

Listening Hours

There is no better time to listen to our stories.

Dieses Angebot wird auf auf deutsch angeboten.

Alle Infos unter https://www.listeninghour.org/

Verein Hörschatz - Herzensworte hinterlassen

Mit einem Hörschatz, einer sehr persönlichen Audiobiografie, hinterlassen früh verstorbene Eltern ihren minderjährigen Kindern eine Erinnerung für das ganze Leben. In eigenen Worten und individueller Auswahl der Episoden erzählen Palliativ-PatientInnen ihren Familien, was ihnen wichtig ist, was von ihnen bleiben soll. Eine Audiobiografie ist eine Ode ans Leben und die Liebsten vor dem Abschied für immer. Der Verein Hörschatz vermittelt Audiobiografien an betroffene Familien und organisiert die Finanzierung durch Spendengelder und Fundraising.

Nachklang - Erzählungen aus aus dem Leben, damit Erinnerungen lebendig bleiben

Franziska von Grünigen, Audibiografin, Journalistin, Moderatorin, begleitet auf den Streifzug die Erinnerungen und gestaltet daraus eine individuelle Audiobiografie. Zur Website

Hörsendung mit Anna Mitgutsch über ihre Arbeit am Buch «Die Annäherung», einem Familien- und Generationenroman.

In den Büchern der österreichischen Autorin Anna Mitgutsch spielen Erinnerungen eine zentrale Rolle. In ihrem Roman «Die Annäherung» schaut ein fast hundertjähriger Mann zurück auf sein Leben als Underdog, und seine Tochter will unbedingt wissen, welche Rolle er im Zweiten Weltkrieg gespielt hat. Link zur Hörsendung

Hebamme der eigenen Geschichte

Wenn wir uns erinnern, arbeiten wir an unserem Ich. Je älter wir werden, umso positiver werden die Erinnerungen und damit die Geschichte unseres Lebens. Link

Thomas Gull

Lesetipps

Nachfolgend empfehlen unsere Mitglieder Bücher, die sich thematisch lebensgeschichtlichem Erzählen zuordnen lassen.

 

Lesetipp von Sonja Scholz

Dr. Maggie Schauer

Maggie Schauer hat die «Narrative Expositionstherapie» mitentwickelt, eine pragmatische und evidenzbasierte Form autobiografischen Erzählens, die der menschlichen Natur entgegenkommt und nachweislich hilft, Traumata aufzulösen. Wir können den Kreislauf von Leid und Gewalt erkennen und durchbrechen. 

Dieses Buch hat mir einen weiteren Puzzlestein zur Wirkung von lebensgeschichtlichem Erzählen gezeigt. Während des Lesens bin ich auf viele meiner eigenen kleinen und gösseren Traumata gestossen, was gleichsam schmerzlich und heilsam war. 

Lesetipp von Sonja Scholz

Zora del Buono

Der viel zu frühe Unfalltod ihres Vaters und was er für ihr Leben bedeutet hat. Zora del Buono erzählt in ihrem Roman detailgetreu, präzise und doch poetisch, wie ihre Suche nach dem Unfallverursacher, 60 Jahre später,  ihr Leben und Denken prägt. 

Zora del Buono schafft es, einen mit auf diese Reise zu nehmen, die immer wieder zu überraschenden Überlegungen führt.  

Lesetipp

Esther Banz und 29 weitere Autorinnen und Autoren

Das Leben meiner Großeltern: Was weiß ich darüber? Diese Frage wollte Wolfram Schneider-Lastin für sich und sein privates Umfeld beantworten. Doch es geschah Unerwartetes: Seine Familienerinnerungen waren für viele seiner Freundinnen und Freunde ein Anstoß, sich selbst zu erinnern und eigene Geschichten zu erzählen. Lange Zeit Verschüttetes kam zutage, zeithistorisch Spannendes, Berührendes, aber auch Schmerzhaftes. Die Idee inzwischen zu einem Buch­projekt geworden zog weitere Kreise und Wolfram Schneider-Lastin begann, gezielt auf Schriftstellerinnen und Schriftsteller zuzugehen und sie nach ihren Großeltern zu befragen. So ist eine vielfältige Sammlung von Erzählungen entstanden, in der sich das 20. Jahrhundert in seinen schrecklichen Facetten spiegelt, aber auch in Momenten von Glück. Die Spuren­suche der Enkelkinder führt quer durch die Schweiz, nach West- und Ostdeutschland, Österreich, Italien, Ungarn, Polen, Israel und Pakistan.

Im Rahmen des Festivals „Zürich liest“, wird am 26.10. eine Lesung zu diesem Buch stattfinden. Weitere Informationen hier

Lesetipp von Sonja Scholz

Alex Oberholzer

12 Jahre seines jungen Lebens hat Alex Oberholzer im Kinderspital in Affoltern am Albis verbracht. Er berichtet in seinem Buch aus der Zeit, die von Schmerzen geprägt und von unzähligen Krankenschwestern begleitet war. 

Im Hörbuch liest er selbst und schafft es dabei, trotz sehr schwierigen Erlebnissen, den Humor und die Zuversicht nie zu verlieren. Ein grossartiges Buch und ein Autor, der meinen höchsten Respekt verdient. 

Lesetipp von Lilian Fankhauser

Caroline Emcke

In der ersten dieser beiden Vorlesungen zu Poetik beschreibt die Philosophin und Kriegsreporterin Carolin Emcke sehr sorgfältig, was es bedeutet aus einem Kriegsgebiet zu berichten. Was es bedeutet, mit Menschen, die mitten im Krieg sind und Grausames erlebten und erleben, zu sprechen. Was es bedeutet, ihnen wirklich zuzuhören, sie nicht zu übergehen und ihnen die Wahrheit nicht abzusprechen: „Das muss ich immer bedenken, (…), dass ich etwas nicht zulasse, dass ich etwas nicht verstehen kann oder weill, weil die Grausamkeit selbst das Verstehen aushebelt.“ Und sie betont, wie wichtig es auch beim Aufschreiben und Weitergeben dieser Geschichten ist, darauf zu achten, dass die Erzählenden als Subjekte benannt werden, als Menschen, die diese Grausamkeiten tatsächlich erlebten und erleben. 

Lesetipp von Daria Aebischer

Judith Giovannelli-Blocher

….Schreiben gehört ungeachtet der Anstrengung, die es auch bedeutet, zu den grossen inneren Befreiungen.
Oder …und auch wenn ich nicht gelesen würde: Die tiefste Befriedigung, der eigentliche Zweck des Schreibens ist, dass man sich selbst zugesteht, die Welt zu deuten – und dieser Deutung eine Form gibt, die vor dem eigenen Urteil Bestand hat. Dass ich dies erreicht habe in meinem Leben, macht mich glücklich.
Lesetipp von Daria Aebischer

Judith Giovannelli-Blocher

In diesem Buch geht es um die komplizierte Welt in der wir leben. Anhand ihrer Erzählungen aus Lebensgeschichten, die sie begleitete, um die einfachen Dinge die zu Lösungen führen können, …die im weiteren Sinn mit Glück und Lebensentscheidungen zu tun haben…

Lesetipp von Daria Aebischer

Judith Giovannelli-Blocher

….Über eine Lebenserzählung zu verfügen tut gut, befreit. Ich kann die Anfertigung nur empfehlen. Und ich weiss, dass das Lesen anderer Lebenserzählungen ermuntern kann, die eigenen Lebensfäden aufzusuchen, ihre Verknüpfungen wahrzunehmen, noch nicht entwirrte „Knoten“ darin aufzulösen. Ich habe diese Wirkung bei meinen bisherigen Büchern erfahren. Und so hoffe ich, dass auch meine kompaktere Lebenserzählung diesen Dienst tut.

Lesetipp von Daria Aebischer

Sergio Giovannelli-Blocher

Kritisch, aber mit Humor und Ironie schildert Sergio Giovannelli in seiner Autobiografie das Italien der 50Jahre und wie er die Zeit der grossen Arbeitsmigration von Italien in die Schweiz erlebte. Sein Lebensbericht macht exemplarisch die Zerrissenheit der Migranten zwischen zwei Ländern deutlich, aber auch den Beitrag, den sie zur Schweiz leisten und die Chancen eines offenen Zusammenlebens verschiedener Kulturen.

Lesetipp von Lilian Fankhauser

Fritz Boss, Morgen hole ich dich wieder ab

Am Tag vor dem Bettag 1947, im Alter von neun Jahren, wurde Fritz Boss von seinem Vater auf einen Bauernhof im Seeland im Kanton Bern gebracht. Nachdem er ihn dort abgesetzt hatte, sagte der Vater zu ihm: „Morgen hole ich dich wieder ab.“ Aber er ist nie mehr zurückgekommen.

Fritz ist nicht daran zerbrochen, dass er ein Verdingbub war, nicht so wie viele andere, nicht so wie seine Schwester. «Ich hatte es nicht so schlimm wie viele andere. Ich hatte immer genug zu essen, ass mit der Bauernfamilie am selben Tisch und hatte ein eigenes Zimmer und ein eigenes Bett. Ich bin dankbar dafür, dass ich nicht zerbrochen bin. Dennoch ist es für mich heute ein wichtiger Schritt, über diese Erlebnisse erzählen zu können, erzählen zu dürfen.» Lilian Fankhauser hat diese eindrückliche Lebensgeschichte aufgezeichnet.

Direktbestellung bei Lilian Fankhauser inklusive Versandkosten CHF 16.00 lfankhauser@vfle.ch oder direkt beim Verlag: https://www.bod.ch/buchshop/morgen-hole-ich-dich-wieder-fritz-boss-9783757802769

Lesetipp von Josefine Krumm

Jan Fosse

«Ein seltsames, großartiges Buch über den Morgen des Lebens und den Abend des Todes. Nobelpreisträger Jon Fosse erzählt von einem norwegischen Fischer, der seine Lebensgeschichte rhythmisierte und bezaubert.»

Lesetipp von Sonja Scholz

Samira El-Maawi

Eine Geschichtenerzählerin, die es versteht, der Beziehung zu ihrem Vater und den damit verbundenen Fragen zu Herkunft, Heimat und Diskriminierung einen, manchmal traurigen,  Zauber zu verleihen.

„Ich weiss mehr über die Geschichte von Nelson Mandela als über die Geschichte meines Vaters.“

„Das Herz meiner Mutter hat sich über Nacht nach aussen gebogen und ist in ihre Hände gerutscht.“

„Mein Vater versteckte Pläne in sich drin. Wenn ich könnte, würde ich ihn aufklappen und in ihn hineinsteigen, um hinter seine Pläne zu kommen. Dann wäre ich die Eingeweihte meines Vaters.“

Samira El-Maawi bietet auch Schreibangebote an, welche hier zu finden sind.

Lesetipp von Lilian Fankhauser

Ivo B.

„Komm, wir machen eine Reise“ Einblicke in meine entwurzelte Kindheit von Ivo B., Vogelsang, niedergeschrieben von Lilian  Fankhauser, Oktober 2023. Das Buch ist erhältlich über Lilian Fankhauser

Ivo weiss, was es heisst, ein «ungewolltes Kind» zu sein. Seine Mutter wurde, als sie mit zweiundzwanzig schwanger wurde, von ihrem Vater verstossen und musste sich und ihr Kind Ivo alleine durchbringen. Als Ivo sieben Jahre alt war, sah sie keine andere Möglichkeit mehr, als ihn in eine Pflegefamilie zu geben. Was er in den nächsten vier Jahren bei einer unberechenbaren und unzufriedenen Pflegemutter und danach im Erziehungsheim Schloss Biberstein im Kanton Aargau erlebte, erzählt er hier in seiner unverkennbar klaren und lebendigen Sprache. Ohne nachtragend zu sein und immer mit dem Verständnis für andere legt er Zeugnis ab über seine Kindheit und Jugend als Pfleg- und Heimkind in den 1950er und 1960er Jahre im Schweizer Mittelland. Und über das Glück, im Erzählbistro, dem Netzwerk für Betroffene von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen, Gleichgesinnte gefunden zu haben.  

Lesetipp von Lilian Fankhauser

In diesem Roman, der in der Hitze des sommerlichen Athens spielt, sammelt die Protagonistin, eine Schriftstellerin aus London, Lebensgeschichten und erzählt sie uns Leser*innen eine um die andere weiter. Beginnend mit dem Sitznachbarn auf dem Hinflug, seinen Schilderungen von schnellen Booten und gescheiterten Ehen, erzählen ihre Bekanntschaften aus ihrem Leben und diese Lebenserzählungen ergeben ein komplexes, ineinander verschlungenes Bild menschlichen Lebens. Jede einzelne Erzählung ist voller Intensität und Lebendigkeit, wie an einem Erzählcafé. Ein wunderbarer Roman voller Lebensgeschichten!

 

Lesetipp von Annelies Jordi

Die Berge, das einfache Leben, Arbeit und Zugewandtheit zu den Menschen prägten das Leben von Marie-Therese Zimmermann, der diese Hommage gewidmet ist.

Wir begleiten die junge Frau vom Wallis über die Wüste in die Anden, wo sie im Norden von La Paz, Bolivien, ihre zweite Heimat fand. Unzählige Menschen kreuzten ihren Weg. Einige von ihnen und Marie-Therese Zimmermann selber erzählten der Autorin von Begegnungen und Erfahrungen, vom Reisen und Wirken, von Sorgen und Nöten und Lachen und Singen. Daraus ist ein Kaleidoskop von Geschichten entstanden.

Annelies Jordi ist Mitglied unserer Vereins und hat das vorliegende Buch verfasst. Weitere Infos findet ihr in ihrem Newsletter

 

Lesetipp von Lilian Fankhauser

Ein neues Buch gibt konkrete Einblicke in Erzählcafés. Moderator*innen solcher Gruppen sowie Wissenschaftler*innen entwickeln ein Mosaik über Intentionen, Anwendungsfelder, Zielgruppen, Themen, Wirkungen, Gelingensbedingungen und Fallstricke. Das Buch richtet sich an freiwillig Engagierte sowie Fachpersonen aus Sozialer Arbeit, Bildungsarbeit, Alters- und Jugendarbeit, Pflege, Hospiz- und Palliativbereich, Gesundheitsförderung, Quartiersarbeit sowie Kulturarbeit und -vermittlung. Vor allem jene, die Erzählcafés bereits moderieren oder anbieten wollen, erhalten tiefgehende Einblicke in Praxis und Theorie. Das Buch ist ein Kooperationsprojekt des Institut Integration und Partizipation der Hochschule für Soziale Arbeit FHNW und dem Migros Kulturprozent.

Herausgeberinnen:Gert Dressel, Johanna Kohn, Jessica Schnelle

Weitere Infos und Bestellung

 

Lesetipp von Lilian Fankhauser

Michael White: Landkarten der narrativen Therapie (2021)

Michael White erläutert in dieser Sammlung seinen narrativen Ansatz aus seiner therapeutischen Arbeit. Auch für Biograph:innen, die nicht therapeutisch arbeiten, sind diese Ansätze interessant, da dabei die Auseinandersetzung mit der eigenen Lebensgeschichte zentral ist. White demonstriert anhand von transkribierten Therapiegesprächen, wie die Neuerzählung oder Neugewichtung von bestimmten Lebensereignissen für Menschen mit Traumata, Suchtproblemen oder Verlusterfahrungen einen Wendepunkt darstellen können. Er visualisiert die Lebensgeschichte der Erzählenden in „Landkarten“ und eröffnet ihnen so neue «Territorien», die bis dahin unbekannt waren und neue Lebensperspektiven eröffnen können. 

Lesetipp von Daria Aebischer

Die Vielschichtigkeit und Entwicklung der Geschichte haben mich sehr beeindruckt. Das Buch ist ein literarisches Meisterwerk. Natascha Wodin erhielt bereits für das unveröffentlichte Manuskript dieses Buches, den Alfred-Döblin-Preis verliehen.

Das Buch erklärt auch auf eindrückliche Weise die Geschichte der Ukraine in den 1940er Jahren und 1944 die Verschleppung durch die Nazis nach Deutschland als Zwangsarbeiter:innen.

 

Lesetipp von Sibylle Lepschi
„Das ist die Gewissheit, dass man von heute auf morgen, von einer Stunde zur nächsten, von sechzehn auf siebzehn Uhr alles verlieren kann, Haus und Hof, Söhne, Brüder und Eltern, Heimat und sogar die Erinnerung.“
Die Autorin macht sich 75 Jahre nach der Flucht ihres Vaters aus Schlesien auf denselben Weg, 550 Kilometer nach Westen. 
Dieses Buch holt die Erinnerung an Flucht und Vertreibung ins 21. Jahrhundert. Das Besondere daran ist für mich, die Verschränkung der verschiedenen Zeitebenen. Christiane Hoffmann vollzieht auf diesem Weg die Einsamkeit ihres Vaters, der das eigene Fluchttrauma nie akzeptiert hat, auf eindringliche Weise nach. Im Zwiegespräch mit dem kürzlich verstorbenen Vater und auf „dessen“ Reise, lernt sie sich selbst kennen. Dies drückt sich in einem der Schlüsselsätze aus: „Ich bin krank von dem Heimweh, das ihr nie hattet.“

 

Lesetipp von Lilian Fankhauser
Der Musiker Christoph Trummer aus dem Berner Oberland spürt musikalisch-poetisch seiner eigenen Familiengeschichte in Frutigen nach. Das Werk kreist um die Frage, welche Spuren die Familiengeschichte im Leben hinterlässt. Aus Erinnerungen, Gesprächen und Hinterlassenschaften zeichnet er das Leben seiner Eltern nach, die jung gestorben sind und viele Fragen offen gelassen haben. 14 berührende Lieder sind entstanden, für die er 2021 den Swiss Music Award bekommen hat. Er trägt das Familienalbum auch an Konzerten mit seiner Band vor, nicht verpassen, falls er mal in eurer Gegend ist! www.trummeronline.ch

 

Lesetipp von Sibylle Lepschi

In ihrem sehr persönlichen Buch „Sterben im Sommer“ formuliert die preisgekrönte Autorin Erlebnisse und Gedanken anlässlich des Todes ihres Vaters Lászlo, der im Jahrhundertsommer 2018 im Alter von 85 Jahren starb.

Sehr eindringlich erzählt sie eigentlich nicht die Geschichte ihres Vaters, sondern ihre eigene Geschichte. Ihre Rolle als Tochter, für die die verbleibende Zeit mit dem sterbenden Vater eine ganz andere Bedeutung gewinnt. Auf sehr poetische Weise beschreibt sie in Rückblenden ihr „Kabinett der Erinnerung“, ihre „Ungarnsommer-Gedenkstätte“. Und am Ende kommt ein neuer Sommer, der nicht ist, wie die davor, aber eben auch ein Sommer ist.

 

Lesetipp von Sonja Scholz

Der Autor rekonstruiert die Biografien literarisch, die eigenständige Sprachmelodie entsteht durch die Lebensumstände der Protagonisten. Sie intoniert deren Alltag und die Fortführung ihrer Lebensgeschichte jenseits der Aktendeckel: So entsteht ein Lesebuch, das berührt.

Lesetipp von Sonja Scholz

Schockierend, beeindruckend, berührend: 

Jennifer Teege erfährt in der Mitte ihres Lebens, dass sie die Enkelin eines gefürchteten und sadistischen Nazis ist. Sie geht ihrer Geschichte nach und wechselt in ihrem Buch eindrücklich zwischen Erzählung und Berichterstattung ab. 

Lesetipp von Sonja Scholz

„Und dann wurde mir bewusst, dass diese Geschichte nicht da beginnt, wo ich es geglaubt habe. Es gibt nicht den einen Ursprungsmoment, den man einfach ausmachen könnte. Die zeitliche Abfolge ist zu verzerrt und folgt nicht Jahr für Jahr simplen Wegmarken.“

6 Geschichten aus dem Leben einer Frau, die sich erinnert und erzählt. Ich erkenne mich wieder, immer wieder…

Lesetipp von Ann Schärer, Autorin und Alumna CAS Lebensgeschichten und Lebenserzählungen

Budapest im Zweiten Weltkrieg. Der Schweizer Vizekonsul Carl Lutz versucht, so viele Jüdinnen und Juden zu retten wie nur möglich. Darunter auch die hübsche Magda Grausz und ihre kleine Tochter Agi, heute Agnes. Obwohl seine Frau wenig begeistert ist, holt er die beiden in seine Residenz. Als Anfang 1944 die Luftangriffe so zahlreich und heftig werden, dass die Bewohnerinnen und Bewohner der Residenz permanent im Luftschutzkeller bleiben müssen, entwickelt sich eine zarte Liebe zwischen Carl und Magda. Während draussen der Krieg tobt, träumen die beiden von einer gemeinsamen Zukunft in der Schweiz. Und verändern damit nicht nur ihre eigenen Leben für immer.

Lesetipp von Sonja Scholz

Was sind die Merkmale des Erzählens, was die Funktion des biographischen Erzählens? Was ist über das Fiktive und Faktische in jeder Erzählung zu sagen (übertriebenes und sachliches Erzählen)? Diesen Fragen widmet sich diese Arbeit und beschreibt darüber hinaus, was die Art des Erzählens über den Erzähler selbst aussagt, denn Erzählung bedeutet immer bereits subjektive Interpretation.

Lesetipp von Lilian Fankhauser

David Denborough: Geschichten des Lebens neu gestalten. Grundlagen und Praxis der narrativen Therapie

Dieses Sachbuch basiert auf der «Charta des Rechts, Geschichten zu erzählen»: Jeder Mensch hat das Recht, seine Erfahrungen und Probleme mit eigenen Worten und Begriffen zu beschreiben.» Denborough entwirft in diesem für Einsteiger*innen geschriebenen Buch seine therapeutische Sicht auf lebensgeschichtliches Erzählen. Mit zahlreichen Beispielen aus der Praxis erläutert er, wie lebensgeschichtliches Erzählen eine heilende Wirkung entfalten kann. Besonders überzeugend sind die eingebauten Übungen, die der Leserin / dem Leser einen Einstieg für die Auseinandersetzung mit der eigenen Lebensgeschichte ermöglichen.

Lesetipp von Franziska Eigenmann

Ingrid Riedel: Vom Geheimnis der zweiten Lebenshälfte. Frauen finden zu sich selbst.

Wenn Frauen die Schwelle der 40 überschreiten, wird vieles bald anders: Es kommt die Zeit, in der man nicht mehr ganz jung ist. Die Kinder werden gross und gehen aus dem Haus. In den 50ern, der Phase der Wechseljahre, verändert sich nicht nur der weibliche Körper. Für viele Frauen gibt es auch innerlich grosse Auf- und Umbrüche: Altes ist aufzugeben, neue Herausforderungen werden gesucht. In den 60ern, wenn das Loslassen schon länger eingeübt ist, können neue Freiheiten gelebt werden, geht es häufig um Sinnsuche und Sinnerfahrung. Die renommierte Jung’sche Analytikerin Ingrid Riedel beschreibt anhand vieler Beispiele, wie Frauen in der zweiten lebenshälfte neue Perspektiven auf sich selbst und die Welt entdecken. Ihr Buch ermutigt dazu, sich immer wieder auf Wandlung und Neuwerdung einzulassen.

Lesetipp von Lilian Fankhauser

Dieser «Briefroman» zeichnet die Liebe der Mutter zu ihrer Tochter nach, aber auch die zunehmende Angst und Verzweiflung der Mutter. Gabriel Heim liegen die Briefe vor, die Ilse von ihrer Mutter bekommen hat, die Briefe von Ilse sind nicht erhalten. Immer eindringlicher bittet Marie ihre Tochter, sie in die Schweiz zu holen, Ilse zögert, ist mit ihren eigenen Sorgen beschäftigt. Die Verknüpfung dieser privaten Briefe mit den dramatischen historischen Ereignissen liest sich wie ein Kriminalroman und ist doch so feinfühlig und voller Empathie geschrieben.